OSINT Playdates – Wie Zürich zur Spielwiese für Open-Source-Intelligence wurde

Wer sich mit OSINT – also Open-Source Intelligence – beschäftigt, weiss: Dieses Feld lebt vom Machen, vom Rätseln, vom Miteinander. Die besten Lernerfahrungen entstehen nicht im Hörsaal oder bei Konferenzen, sondern dann, wenn Menschen sich austauschen, gemeinsam an kniffligen Problemen arbeiten und dabei voneinander lernen. Genau diese Idee stand hinter der Entstehung der OSINT Playdates – einem schon beinahe festen Bestandteil der Schweizer OSINT-Community.

Was als Experiment begann, ist bereits ein Format mit echter Strahlkraft. Organisiert wird es gemeinsam von OSINT Switzerland und CYRENZH, dem Cyber Resilience Network Zürich an der Universität Zürich. Die Gründungsmitglieder von OSINT Switzerland bringen viel Erfahrung in der praktischen Anwendung von OSINT-Techniken ein und unterstützen damit das Ziel von CYRENZH , eine vernetzte und resiliente Gesellschaft zu fördern.

Einfach und wirkungsvoll

Die Idee ist einfach und wirkungsvoll: An einem Freitagnachmittag treffen sich OSINT-Interessierte in Zürich für zwei Stunden, um gemeinsam reale oder realitätsnahe OSINT-Challenges zu lösen. Keine Vorträge, keine Frontalbeschallung, sondern ein gemeinsames „Playdate“ mit Daten, Bildern, Karten, Tools und jeder Menge Neugier.

Schon das erste Treffen im März 2025 war ein voller Erfolg. Im Seminarraum fanden sich rund 20 Teilnehmende ein – vom neugierigen Studierenden über Profis aus dem Bereich Cybercrime bis hin zu Journalist:innen, Analyst:innen und Security-Interessierten. Manche waren Mitglieder bei OSINT Switzerland, andere Studierende von Modulen, die von CYRENZH entwickelt wurden (OSINT Modul 3 ECTS, Storytelling Modul 3 ECTS).

OSINT Playdate in Zürich

Viele hatten zuvor noch nie gemeinsam gearbeitet – aber genau das machte den Reiz aus. Schnell entstanden Teams, es wurde getippt, recherchiert, gegrübelt, verworfen, neu gedacht. Einige Aufgaben waren knifflig, andere eher zum warm werden gedacht. Und gerade diese Mischung machte es leicht, sich aktiv einzubringen – ganz egal, ob man OSINT-Neuling war oder bereits beruflich damit arbeitete.

Das Playdate-Format setzt ganz bewusst auf Praxisnähe. In der zweiten Ausgabe im Juli 2025 z. B. stammten die Aufgaben von erfahrenen OSINT-Trainer:innen wie Sofia Santos, die sich mit der Entwicklung von Challenges für die weltweite OSINT-Community stark macht. Es standen historische Recherchen im Fokus – unter dem Motto „Back in Time“, passend zum zehnjährigen Bestehen von Bellingcat. Dabei ging es darum, digitale Spuren der Vergangenheit zu rekonstruieren, alte Websites zu analysieren oder aus verwaschenen Bildausschnitten Informationen zu gewinnen. Das leise Knistern im Raum, wenn sich plötzlich eine heisse Spur ergibt, wird schon fast zur Tradition. Vielleicht waren es aber auch nur die leckeren Keckse, die geknuspert haben.

Keine Vorkenntnisse nötig

Besonders bemerkenswert ist, wie inklusiv und offen diese Events sind. Niemand muss Expert:in sein, um mitzumachen. Ganz im Gegenteil: Die Stärke der Playdates liegt gerade darin, dass verschiedenste Perspektiven zusammenkommen. Menschen, die gut mit Bildersuchmaschinen umgehen, treffen auf solche, die gerne Social-Media-Profile analysieren. Andere bringen juristische oder geopolitische Kenntnisse ein. Es ist diese Interdisziplinarität, die OSINT im Kern ausmacht – und bei den Playdates auf wunderbare Weise gelebt wird.

OSINT Playdate in Zürich

Hinter diesem Format stehen u.a. Ivano Somaini, Elisa Nannini, Antonio De La Torre und Roman Schneider, die Mitbegründer von OSINT Switzerland. Sie bringen nicht nur Know-how, sondern auch strategisches Denken und Community-Erfahrung ein. Dazu kommt Leyla Ciragan, Lead Bildung bei CYRENZH und Mitglied des Advisory Board von OSINT Switzerland. Sie liebt es, schwierige Inhalte für alle zugänglich zu machen.

In einer Welt, in der Informationskompetenz und digitale Recherchefähigkeiten zunehmend an Bedeutung gewinnen, setzen die OSINT Playdates ein wichtiges Zeichen. Sie machen OSINT greifbar, erfahrbar und vor allem: menschlich.

Denn hinter jedem Screenshot, jeder EXIF-Datei, jedem Location-Marker steckt am Ende ein echtes Problem, eine echte Geschichte – und eine echte Verantwortung.

Im Oktober und Dezember 2025 stehen bereits die nächsten Playdates an. Und wer weiss – vielleicht wird aus dem Zürcher Playdate-Modell schon bald ein Format, das sich auch in anderen Regionen der Schweiz oder in der internationalen OSINT-Community verbreitet.

Wer sich angesprochen fühlt, sollte nicht zögern mitzumachen. Die Teilnahme ist für Mitglieder von OSINT Switzerland und Studierende des CYRENZH-Programms kostenlos, die Plätze aber begrenzt. Mehr Informationen und Anmeldung gibt es bei OSINT Switzerland.

Vielleicht ist es gerade diese Mischung aus Neugier, Respekt und kollegialem Miteinander, die die OSINT Playdates so besonders macht. Hier kommen Menschen zusammen, um gemeinsam etwas zu verstehen – nicht gegeneinander, sondern miteinander. Und genau das ist vielleicht die wichtigste «Intelligence» überhaupt.